Zu viele Angestellte krank: Detaillierte Arztzeugnisse sollen Problem entschärfen

Ärztin im freundlichen Gespräch mit Patientin in heller, einladender Praxis.

Der Umstand wird schon seit Jahren beklagt: Angestellte fallen immer häufiger wegen Krankheit im Job aus. Doch stimmt das wirklich? Ja – das legt zumindest die Krankenversicherer-Statistik nahe. Sie enthält die Zahlen, wie viele Taggelder – diese werden ausbezahlt, wenn Arbeitnehmende für eine längere Zeit krank sind und am Arbeitsplatz fehlen – pro Jahr ausbezahlt werden. 

Für 2023 enthält die Erhebung einen neuen Rekord: Die Anbieter im Land haben knapp 307 000 Taggelder ausbezahlt. Zum Vergleich: 2014 waren es noch 206 250 Taggelder. Somit hat sich die Zahl um fast 50 Prozent erhöht, während die Anzahl Beschäftigter lediglich um 17 Prozent angestie­gen ist.

Was die Statistik nicht enthält, sind die konkreten Gründe für die zunehmenden Absenzen. Das liegt daran, dass nicht einmal die Anbieter selbst wissen, warum eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Von den Leistungserbringern – sprich der Ärzteschaft – werde auf den Attesten lediglich Krankheit, Unfall oder manchmal Mutterschaft angegeben, heisst es auf Anfrage. 

Bessere Lösungen als blosse Krankschreibung gesucht

Was hingegen sicher ist: Für die Unternehmen im Land sind die zunehmenden Ausfälle von Angestellten ein Problem – und zwar ein so grosses, dass die Wirtschaftskammer als Vertreterin des hiesigen Gewerbes einen «Runden Tisch Krankentaggeld» ins Leben gerufen hat. Auch die Liechtensteinische Industrie- und Handelskammer (LIHK) – sie vertritt die grossen liechtensteinischen Firmen – befindet sich betreffend Absenzen am Arbeitsplatz im Austausch mit der Ärztekammer. 

Konkret geht es darum, dass die sogenannten detaillierten Arztzeugnisse wieder vermehrt in den Einsatz kommen. Solche Atteste beinhalten eine präzisere Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit als ein normales Arztzeugnis – oder umgekehrt ausgedrückt: Beim detaillierten Zeugnis  kann der Mediziner dem Arbeitgeber mitteilen, welche Tätigkeiten Mitarbeitende trotz Erkrankung oder Unfall ausführen können – und in welchem Pensum.

«Ziel ist es, dass die betroffenen Personen rasch wieder im Betrieb integriert werden können», sagt LIHK-Geschäftsführerin Brigitte Haas. Zudem können erkrankte Angestellte beim detaillierten Zeugnis ankreuzen, ob sie damit einverstanden sind, dass sich Arbeitgeber und behandelnder Arzt austauschen. «So können die beiden Parteien besprechen, welche besseren Lösungen sich im Sinne des Patienten anstelle einer blossen Krankschreibung bieten», erklärt Haas. 

Psychische Probleme führen zu langer Arbeitsunfähigkeit

Was die Gründe für die vermehrten Absenzen anbelangt, tappt auch die LIHK im Dunkeln. Man könne nur Vermutungen anstellen, so die Geschäftsführerin, aber: «Vieles deutet darauf hin, dass zunehmend psychische Erkrankungen zugrunde liegen, vor allem bei den längeren Ausfällen.»

Zu diesem Schluss kommt auch eine Umfrage des «Tagesanzeigers» in der Schweiz: Acht von zehn grossen Krankentaggeldversicherern haben darin angegeben, dass «eine starke Zunahme psychischer Erkrankungen» der Hauptgrund sei für die steigende Zahl an Krankheitstagen. 

Vaterland, 12.12.2024 von Valeska Blank