Die Wahlentscheidungen der Wählerinnen und Wähler hängen von verschiedenen, recht unterschiedlichen Faktoren ab. Zwar liegen nur die Listen der Kandidatinnen und Kandidaten der vier schon bisher im Landtag vertretenen Parteien vor, aber in den Hinterköpfen schwirren noch andere Gründe herum, warum gerade diese und nicht eine andere Liste zur Hand genommen wird. Ebenso, ob Kandidatinnen oder Kandidaten gestrichen oder gar durch andere ersetzt werden.
Manche werden auch die Wahlprogramme der vier Parteien vergleichen und in die Entscheidung mit einfliessen lassen. Die Wahlprogramme haben es in sich, denn wenn alle diese Versprechungen umgesetzt werden, dann steht unserem Land eine fast paradiesische Zukunft bevor. Die bisherigen Regierungsparteien VU und FPB legen einen Schwerpunkt auf die Wirtschaft, insbesondere auf die Fortsetzung einer liberalen Wirtschaftspolitik. Aber auch die Demokraten pro Liechtenstein sprechen sich dafür aus, während sich die Freie Liste eine Wirtschaftspolitik mit ökologischer Ausrichtung
vorstellt. «Wir fühlen uns einer Politik der sozialen Marktwirtschaft verpflichtet», schreibt die FBP in ihrem Programm und will sich für eine Gesellschaft einsetzen, «die primär auf Eigeninitiative, Wahlfreiheit und Leistungsbereitschaft setzt». Die FBP will sich dafür einsetzen, dass sich Leistung lohnt und die Bildung von Eigentum ermöglicht. Dazu soll der Einsatz für ein zielgerichtetes, wirkungsvolles Sozialsystem kommen.
Die VU weiss, dass erfolgreiche Unternehmen und Vollbeschäftigung der Motor sind für die Volkswirtschaft und für das soziale Wohlergehen unserer Gesellschaft. Die Unternehmer müssten sich auf stabile und möglichst attraktive Rahmenbedingungen verlassen können, «damit fair bezahlte Arbeitsplätze in ihrer ganzen Vielfalt im Land erhalten bleiben». Ausserdem spricht die VU an, ohne im Detail auszuführen, was geplant ist, dass Liechtenstein seine Sicherheitsstrategie überarbeiten müsse: Denn Sicherheit sei die Grundlage für eine hohe Lebensqualität und eine starke Wirtschaft.
Die Demokraten pro Liechtenstein sind dafür, hinter die Kulissen der Politik zu blicken, und unterstreichen Grundwerte, die das Fundament
ihres volksnahen und bodenständigen Handelns bilden. Zu diesem Fundament gehören ein souveräner, unabhängiger und selbstbestimmter Staat, eine liberale und sozialverträgliche Wirtschaftspolitik sowie ein verantwortungsvoller Umgang mit unserer Umwelt und den Ressourcen.
Die Freie Liste sieht es als ihre Aufgabe an, den Stillstand der bisherigen Politik zu durchbrechen und die Chancen für ein soziales, demokratisches und ökologisches Liechtenstein zu schaffen. Damit diese Aufgaben bewältigt werden können, braucht es eine starke Wirtschaft, was die Freie Liste für die Umsetzung ihres Programms mit starken sozialen und ökologischen Akzenten wahrscheinlich voraussetzt, aber programmatisch nicht ausdrücklich ausführt.
In jedem Wahlprogramm schimmert durch, dass noch Nachholbedarf besteht und nicht alles zum Besten bestellt ist. Da wäre beispielsweise die Bürokratie, die gerne auch von Politikern kritisiert wird. Dabei sind es ja die gewählten Politiker in der Regierung und im Landtag, die Gesetze und Massnahmen beschliessen, die zur Aufblähung der Bürokratie anstatt zu ihrer Verminderung beitragen. Ab heute sollte gelten, dass alle Kandidatinnen und Kandidaten, die jetzt im Wahlkampf den Begriff Bürokratie in den Mund nehmen, nach ihrer Wahl daran gemessen werden. Wir von der Wirtschaftskammer jedenfalls werden die künftige Arbeit unserer Politiker mit den im Wahlkampf geäusserten Versprechungen vergleichen. Und wir werden die Regierung und den Landtag schon in der Vernehmlassung darauf hinweisen, dass nach der Wahl die in den Wahlprogrammen festgelegten Programmpunkte weiterhin gelten sollten. Ein weiteres Anliegen des Gewerbes werden wir dabei nicht vergessen: Alle Gesetzesvorhaben sollten daraufhin überprüft werden, ob die neuen Bestimmungen grössenverträglich sind mit unserer gewerblichen Wirtschaftsstruktur.
Gastkommentar von Ado Vogt, Präsident der Wirtschaftskammer Liechtenstein im Wirtschaftregional, 10.01.2025