WKL-Prä­si­dent Rainer Ritter schlägt Bus­spur von Rug­gell bis Bal­zers vor

Gedanken Kreative Lösungen in Sachen Verkehr, eine Busspur am Rhein und überhaupt sei das Verkehrsproblem noch überschaubar. Wirtschaftskammerpräsident Rainer Ritter hat sich kürzlich zu vielem geäussert. Nun präzisiert er – und legt nach.

Von Holger Franke

«Ich frage mich schon, ob wir keine kreativeren Lösungen haben, als dem Autofahrer ständig das Geld aus der Tasche zu ziehen und alles zu reglementieren», schrieb Rainer Ritter, Präsident der Wirtschaftskammer (WKL), unlängst im «Unternehmer», dem Magazin der Wirtschaftskammer. Damit wollte er ansprechen, dass es nicht Aufgabe des öffentlichen Verkehrs sein könne, den Individualverkehr zu behindern und es das Ziel sein soll, das Auto von der Strasse zu verbannen. Seiner Ansicht nach läge die Lösung darin, dass der öffentliche Verkehr und der Individualverkehr möglichst ohne Behinderung aneinander vorbeikommen, präzisiert Ritter und liefert eine konkrete «kreative Lösung» auch selbst: «Als Lösungsvorschlag schlage ich provokativ vor, dass eine separate Busspur von Ruggell bis Balzers entlang des Rheindammes angelegt werden sollte und mit Querverbindungen zu der Agglomeration Fahrräder oder Kleinbusse eingesetzt werden können. Somit kann die LBA ihren Fahrplan ohne Verzögerungen einhalten und die Fahrgäste tun noch etwas für ihre Gesundheit, wenn sie mit dem Velo zwischen der Wohnung und der Bus­haltestelle pendeln.»

Zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Ritter betont, dass diese Variante grundsätzlich zum Denken anregen und zu weiteren Lösungsvorschlägen führen soll. Ein Ärgernis für ihn ist aber, dass Busse die Strasse blockieren um Fahrgäste ein- und aussteigen zu lassen. «Dass der Autofahrer dann ungeduldig wird und genervt ist, wenn der Bus alle 500 Meter vor ihm anhält und sich das Spiel wiederholt, ist selbstredend.» Der Rückbau der Busbuchten, die diesem Problem entgegen wirkten, verschärfe die aktuelle unbefriedigende Situation wieder. «Und um mich hier deutlich auszudrücken und Missverständnissen vorzubeugen: ich bin ganz und gar nicht gegen den öffentlichen Verkehr, ganz im Gegenteil! Wir brauchen einen gut funktionierenden öffentlichen Verkehr, in welcher Art und Weise auch immer», macht Ritter weiter deutlich. Gebraucht werde aber auch ein fliessender Individualverkehr, um für Dienstleister und Handwerker unproduktive Zeiten zu vermeiden. «Was ich aber nicht für gutheisse, ist die Strategie des VCL mit ihrem einzigen Ziel: den Individualverkehr zu behindern und zu bestrafen», poltert Ritter. Mit seinen «kreativeren Lösungen» wollte er auch ansprechen, dass Autofahrer für alles «Sündenböcke sind und dafür zur Kasse gebeten werden». Heutzutage verbrauchen Fahrzeuge weniger Kraftstoff, damit sinken die Erträge aus der Mineralölsteuer, Elektrofahrzeuge fallen hier ganz heraus. «Im Bericht Raumentwicklung Liechtenstein der Stiftung Zukunft.li zum Vorschlag der Einführung eines Mobility Pricings wird explizit erwähnt, dass mit dieser Abgabe rückläufige Mineralölsteuern kompensiert werden sollen. Das Automobil wird also wieder bestraft, obwohl die Entwicklung erwirkt hat, dass der CO2-Ausstoss massiv verbessert wurde und weiter verbessert werden wird.» Kreativ wäre beispielsweise die Leute zu animieren, moderne und «umweltverträglichere» Fahrzeuge anzuschaffen, sagt der Präsident der Wirtschaftskammer, der auch Inhaber eines Autohauses im Unterland ist. In seinem Vorwort im «Unternehmer» hatte Ritter noch von «umweltfreundlich» gesprochen – eine häufig verwendete Formulierung, wenn eigentlich bestenfalls «umweltverträglicher» gemeint ist. Denn «umweltfreundliche» Autos werden wohl Utopie bleiben. Doch auch die Umweltverträglichkeit ist ein zweischneidiges Schwert. Ritter vertritt den Standpunkt, dass der Fahrzeugbestand in Liechtenstein und in der Schweiz bestens gepflegt und gewartet ist, was wiederum einen Einfluss auf den Schadstoffausstoss habe. Die leichte Zunahme des Durchschnittsalters der Fahrzeuge sei ebenfalls auf diesen Umstand zurückzuführen. «Die Autoindustrie arbeitet mit Hochdruck daran, den Schadstoffausstoss weiter zu reduzieren, was auch gesetzlich vorgeschrieben wird. Die Grenzwerte des CO2 -Ausstosses werden laufend gesenkt. Mit der neusten Abgasnorm Euro 6d, die ab 1. Januar 2020 in Kraft tritt, wird der CO2-Ausstoss nochmals massiv auf einen Wert von aktuell 130 g/km auf 95 g/km gesenkt», rechnet Ritter vor. Laut MFK-Statistik betrugen die CO2-Emissionen der in Liechtenstein immatrikulierten 26 294 Personenwagen mit bekanntem CO2-Ausstoss per 30. Juni 2018 im Durchschnitt 168g/km. Im Jahr zuvor lag dieser Wert noch bei 173 g/km. «Hier wird also weiter grosser Druck auf die Hersteller ausgeübt. Das führt dazu, dass wir bei Kleinwagen praktisch nur noch 3-Zylinder-Motoren im Angebot haben und bei grösseren Fahrzeugen Motoren mit sechs oder gar acht Zylindern praktisch von der Bildfläche verschwinden werden», meint Ritter. In Verkaufsgesprächen stelle er fest, dass Kunden zu diesem Schritt noch nicht bereit sind und monieren, dass sie beispielsweise nicht ein Fahrzeug mit 1,2-Liter Hubraum kaufen möchten, wenn sie zuvor ein Fahrzeug der gleichen Klasse mit 2,0-Liter Motor gefahren haben. «Also: alle reden von Umweltschutz, nur wenige sind aber für einschneidende Veränderungen bereit», so Ritter.

«Problem überschaubar»

Zu den weiteren Vorschlägen des Wirtschaftskammer-Präsidenten gehören Werksbusse bei den grösseren Industriebetrieben. Ritter erinnert hierbei an frühere Zeiten. «Das wäre aus meiner Sicht heute wieder einfach einzuführen und würde den Verkehr zu den Stosszeiten entlasten.» Aber auch bei den Bussen der LIEmobil ortet er Handlungsbedarf: «Sie fahren den ganzen Tag oft schlecht ausgelastet durch unser Land, das heisst, oftmals fahren Gelenkbusse und Doppelstöcker fast leer auf den Strassen und brauchen viel Platz im Verkehr.» Abgesehen von den Stosszeiten, versteht sich. Tagsüber aber könnten nach Ritters Ansicht nach «normale» oder kleinere Busse, die dann auch weniger Diesel verbrauchen und somit weniger Schadstoffe ausstossen, die geringere Anzahl an Fahrgästen transportieren. «Mir wurde aber entgegnet, dass es sich nicht lohne, die Busse nach den Stosszeiten zu tauschen», sagt Ritter. Bereits im «Unternehmer» hatte er den Vergleich zwischen Liechtenstein, der Schweiz und Los Angeles gezogen – ungeachtet der Tatsache, dass hierzulande der Fahrzeugbestand pro 1000 Einwohner deutlicher höher ist. «Ich möchte damit nicht sagen, dass bei uns alles in bester Ordnung ist und wir keinen Stau haben. Ganz im Gegenteil plädiere ich schon längere Zeit dafür, dass unsere Strassen dringend dem steigenden Verkehr angepasst werden müssen. Ich möchte mit diesem Vergleich nur zum Ausdruck bringen, dass unser Verkehrsproblem noch überschaubar ist und wir noch die Chance haben, der Verkehrsbelastung entgegenzuwirken. Unser Stauproblem betrifft hauptsächlich die Stosszeiten sowie den Transitverkehr zwischen Österreich und der Schweiz.»

«Als Lösungsvorschlag schlage ich provokativ vor, dass eine separate Busspur von Ruggell bis Balzers entlang des Rheindammes angelegt werden sollte.»

Rainer Ritter

Präsident Wirtschaftskammer

«Alle reden von Umweltschutz, nur wenige sind aber für einschneidende Veränderungen bereit.»

Rainer Ritter

Präsident Wirtschaftskammer

(Volkssblatt, Samstag 19.10.2019)