Zwar fällt die Inflation in der Schweiz und Liechtenstein im Vergleich zum EU-Ausland verhältnismässig moderat aus und der Landesindex der Konsumentenpreise hat im September 2022 im Vergleich zum Vormonat um 0,2 Prozentpunkte nachgelassen – trotzdem beschäftigt die Teuerung in verschiedensten Bereichen des täglichen Lebens und Wirtschaftens Politiker, Unternehmer und Privatpersonen in der Region weiterhin stark. Wie eine kürzliche Äusserung der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich aufzeigt, zu Recht: Demnach wird ein verstärkter Rückgang der Inflation noch dauern; und auch dass die Teuerung wieder nach oben schiesst, ist nicht ausgeschlossen.
Situation könnte Existenzen gefährden
Wie stark heimische Unternehmen unter der Inflation leiden, wollte in diesem Zusammenhang «Wirtschaft regional» von der Wirtschaftskammer Liechtenstein wissen. In seiner Antwort betont Geschäftsführer Jürgen Nigg, dass sich viele Betriebe derzeit grosse Sorgen machen, «darunter auch viele etablierte». Allem voran bestehe die Betroffenheit in puncto steigender Energiekosten, dies sei jedoch unterschiedlich, weil nicht jeder Betrieb gleich viel Energie brauche.
Jürgen Nigg auf die Frage, welche Betriebe und Branchen es derzeit besonders schwer haben: «Viele KMU in Liechtenstein sind noch immer dabei, die Auswirkungen der Coronakrise zu verarbeiten, und sind nun mit weiteren Kostentreibern konfrontiert, die für viele existenzgefährdend werden könnten.» Betroffen sei «das gesamte Bauhaupt- und -nebengewerbe und sicher Betriebe mit mehr als 100 000 kWh Stromverbrauch pro Jahr, dazu die Branchen, welche aus unserer Sicht systemrelevant sind». Dazu gehörten Nahrungsmittelproduzenten wie Bäcker und Metzger, der Lebensmittelhandel, Informatikbetriebe, die gewerbliche Industrie, Labore sowie das Transport- und Autogewerbe.
«Wirtschaftliche Lage ist ernst»
Für Kopfzerbrechen sorgt demnach, dass praktisch alles teurer geworden sei: «Neben der Energie auch das Rohmaterial und aktuell auch die OKP-Prämien der Krankenkassen.» Dies schlage sich auch auf die Betriebe nieder, konkret aufgrund des Arbeitgeberanteils bei der Bezahlung der Krankenkassenprämien. Der Wirtschaftskammer-Geschäftsführer weiter: «Es wird für einige, wenn nicht für viele schwierig, diese Preissteigerungen an die Konsumenten weiterzugeben.» Insgesamt werde sich die Wirtschaftskammer «wie gewohnt für den Werkplatz Liechtenstein einsetzen und die Anliegen der gewerblichen Wirtschaft in die politische Diskussion einbringen, damit die drohende Energiekrise gemeinsam bewältigt werden kann», so Nigg. Denn worauf man sich in den kommenden Monaten noch einstellen müsse, wisse man nicht: «Wir fahren wieder einmal auf Sicht. Der Krieg, überschiessende Energiepreise, Rohmaterialpreise, die Inflation, Krankenkasse, die geopolitische Zukunft – all das belastet unsere Betriebe.» In Zeiten wie diesen brauche es in besonderem Masse Vernunft, Verantwortungsbewusstsein und Besonnenheit aller Beteiligten – «denn die wirtschaftliche Lage ist ernst».
wirtschaftregional. 07.10.22 von Dunja Goop/Bild Daniel Schwendener