So viel wie nötig, so wenig wie möglich

Gastkommentar von Markus Kaufmann, Präsident des Casinoverbands Liechtenstein, im Wirtschaftregional vom 23.06.2023

42 500 Arbeitsplätze, 5300 Unternehmen. Diese Zahlen zum Wirtschaftsstandort Liechtenstein sind eindrücklich und im Verhältnis zu den 39 700 Einwohnern weltweit einmalig. Ein Grund dafür, dass sich der einst arme Bauernstaat zu einem Vorzeigestandort entwickeln konnte, ist die geringe Regulationsdichte. Davon haben alle Wirtschaftstreibenden profitiert – jene auf dem Finanzplatz genauso wie die Weltmarktführer in der Industrie und kleine oder mittelgrosse Gewerbebetriebe. Zwar gelten nicht überall dieselben Regeln. Doch während Jahrzehnten lautete die Maxime der Politik: «So viel Regulation wie nötig, so wenig wie möglich.» Das verschaffte den Unternehmern einen Standortvorteil und ermöglichte Wachstum, Innovation und das Aufkommen neuer Branchen.

Leider kommt die Regierung langsam, aber stetig von diesem erfolgreichen Weg ab. Seit die Geldspielbranche am Wirtschaftsstandort Fuss gefasst hat, wird sie mit immer neuen Regulationen konfrontiert. Ein Beispiel ist das Verhältnis von Automaten zu Tischspielen. Als Konzessionsvoraussetzung lag es 2017 bei 1 zu 20. Pro Spieltisch für Roulette, Blackjack oder Poker durften also 20 Automaten betrieben werden. Seit dem 1. Januar 2022 liegt das Verhältnis bei 1 zu 15. Was sich nicht geändert hat, sind die Auszahlungsquote, die bei Tischen und Automaten annähernd gleich ist, und vor allem die Nachfrage der Kundschaft. Das Mehr an Tischen bringt also weder den Gästen noch dem Staat etwas. Die
einzigen Resultate sind höhere Perso
nalausgaben und ein Regulationsgefälle zur Schweiz zum Nachteil der Liechtensteiner Unternehmen.

Der Blick in die Schweiz lohnt sich noch aus einem anderen Grund: Dort haben die Behörden bereits vor Jahren erkannt, dass eine Verhältnisregelung nichts bringt. Daher wurde sie gänzlich abgeschafft, während Liechtenstein sie verschärft. Die Abschaffung hat selbstverständlich nicht dazu geführt, dass nur noch Automaten in den Schweizer Casinos stehen. Es gibt eine Kundengruppe, die lieber an den Tischen spielt und die kein ökonomisch denkendes Casino vernachlässigt. Doch die Schweizer Spielbanken haben die Freiheit, so auf Gegebenheiten zu reagieren, wie die Situation es erfordert.

Liechtensteins liberale Wirtschaftspolitik war während Jahrzehnten der Garant für Wohlstand, soziale Sicherheit und niedrige Steuern. Es ist eine bedenkliche Entwicklung, nun ohne Zwang von diesem Weg abzuweichen und einer Branche Knüppel zwischen die Beine zu werfen, welche die Staatskasse mit rund 50 Millionen Franken pro Jahr füllt – und es bleibt zu hoffen, dass dieses Beispiel keine Schule macht. Sonst stellt sich die Frage, welche Branche die nächste ist. Müssen Metzger künftig auf 15 Cervelats eine Vegiwurst in der Auslage platzieren?