Auch während der Pandemie: Unternehmergeist ist ungebrochen

Der Wirtschaftsstandort Liechtenstein trotzt weiterhin den äusserst schwierigen Gegebenheiten der Coronapandemie. So wurden im vergangenen Jahr erneut mehr Unternehmen registriert und auch die An-zahl der Arbeitsplätze steigt.

Es mag überraschend klingen, aber auch in der wohl gravierendsten Wirt-schaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg präsentiert sich der Standort Liechtenstein trotz Coronapandemie überaus robust. 370 Arbeitslose wa-ren im Dezember gemeldet, etwas mehr als im Vormonat, doch die Ar-beitslosenquote blieb unverändert bei 1,8 Prozent. Die Zahl der beim AMS FL gemeldeten offenen Stellen lag im Dezember bei 864. Im November waren es noch 786 gewesen. Der Zuwachs beträgt also rund 10 Prozent.

Zahl der Unternehmen steigt weiter

Auch die jüngsten Zahlen des Amtes für Statistik belegen diesen Trend. Laut provisorischen Daten wurden hierzulande Ende vergangenen Jahres 5255 Unternehmen gezählt – das sind 4,1 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Dies schlägt sich auch auf die Anzahl der Arbeitsplätze nieder: Insgesamt 42 671 Arbeitsplätze wurde zum Jahresende gezählt. Das ist ohnehin erstaunlich in einem Land mit knapp 39 000 Einwohnern – und es sind sogar 0,8 Prozent mehr Arbeitsplätze als im Vorjahr. Und dies in einem Jahr, das kaum je-mand so schnell vergessen wird. «Vor rund einem Jahr, also zu Beginn der Pandemie, hat wohl kaum jemand wirklich ermessen können, ie sich die Lage entwickelt. Aber diese Zahlen sind natürlich sehr erfreulich», fasst Katja Gey, Leiterin des Amtes für Volkswirtschaft, gegenüber dem «Volksblatt» zusammen. Die Nagelprobe dürfte dann anstehen, wenn die staatlichen Unterstützungsmassnahmen für die Wirtschaft eines Tages auslaufen. Aber derzeit helfen diese Massnahmen – allem voran die Kurz-arbeitsentschädigung – den Unternehmen, wie Katja Gey und Jürgen Nigg, Geschäftsführer der Wirtschaftskammer, bestätigen. Die weiterhin hohe Zahl der Unternehmensgründungen lasse sich hingegen nur schwer erklären. Die Zahlen des Amtes für Statistik zeigen kein eindeutiges Bild – in nahezu allen Branchen sind Zuwächse zu verzeichnen. Doch schon Umstrukturierungsmassnahmen in einem Unternehmen können sich statistisch stark auswirken, Rückschlüsse auf gesamte Branchen sind daher kaum möglich. «Es gab Branchen, die sogar gewachsen sind. Kaum betrof-fen von der Krise waren zum Beispiel die Finanzdienstleister, der Nahrungsmittelbereich, die IT-Branche, sowie das Baugewerbe», gibt Katja Gey zu bedenken. Der Unternehmergeist in Liechtenstein sei aber offenbar ungebrochen, viele Unternehmen hätten ihre Geschäftsmodelle hinterfragt und neu ausgerichtet – und auch im Bereich der Digitalisierung sei viel vorwärtsgegangen. Dazu komme die liechtensteinische Innovationsfähigkeit. Aber auch unternehmerischer Mut, wie Jürgen Nigg vonseiten der Wirtschaftskammer vermutet. «Im Jahr 2019 hatten wir fast 50 Gründungsgespräche und im vergangenen Jahr 41 – das ist weiterhin eine hohe Tendenz. Das sind Menschen, die etwas bewegen wollen.» Dies zeige sich auch bei den Mitgliedschaften bei der Wirtschaftskammer: 44 Eintritte standen laut Nigg 33 Austritten gegenüber. Hier zeigt sich die hohe Dynamik und damit aber die Schattenseite. Denn bei den meisten der 33 Austritte aus der Wirtschaftskammer wurden Geschäftsaufgaben und Konkurse genannt. Trotzdem: «Der Drang nach Selbstständigkeit ist gross in Liechtenstein», meint Jürgen Nigg.

Von Holger Franke, Volksblatt am 05.02.2021