Von Flucht vor dem Krieg zu Anschluss an den Arbeitsmarkt

Zahlreiche Personen aus der Ukraine mit Schutzstatus S halten sich im Land auf – und dürften arbeiten. Wie offen sind heimische Arbeitgeber?

Über 220 Schutzgesuche in Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine wurden gemäss aktuellen Angaben des Ausländer- und Passamtes im laufenden Jahr bereits gestellt – in über 140 Fällen wurde den Schutzsuchenden dabei der Schutzstatus S zugestellt – eine vorübergehende Schutzgewährung, die erwachsene Personen u. a. auch dazu berechtigt, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Doch wie offen sind liechtensteinische Arbeitgeber gegenüber den Arbeitssuchenden aus der Ukraine? Isabell Schädler, Geschäftsführer-Stellvertreterin der Wirtschaftskammer Liechtenstein, erklärt dazu auf Anfrage: «Grundsätzlich sind und waren die liechtensteinischen Gewerbebetriebe immer schon offen, auch Asylsuchende und vorläufig Aufgenommene im Betrieb anzustellen. Es kommen die arbeitsrechtlichen Vorschriften und die Gesamtarbeitsverträge zur Anwendung.»
«Angebot und Nachfrage müssen übereinstimmen»
Vonseiten der Wirtschaftskammer habe man zudem gemeinsam mit dem Sozialpartner LANV schon vor einigen Jahren einen entsprechenden Anhang zu verschiedenen Gesamtarbeitsverträgen unterschrieben, welcher die Anstellung von Asylsuchenden und vorläufig Aufgenommenen regle. Eine bestimmte Branche, in der Asyl- bzw. Schutzsuchende derzeit besonders schnell «Abschluss» finden, könne derzeit nicht ausgemacht werden: «Es müssen in der Regel Angebot (Arbeitskräfte) und Nachfrage (Arbeitgeber) übereinstimmen. Zum Teil werden Leute für langfristigere Anstellungen mit gewissem Ausbildungsniveau gesucht, und zum Teil suchen Betriebe Hilfskräfte für kurzfristige Einsätze», so Isabell Schädler. Die Geschäftsführer-Stellvertreterin weiter: «Gemäss liechtensteinischem Asylgesetz sollen Asylsuchende nach Möglichkeit selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen. Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit bedarf der Zustimmung des Ausländer- und Passamtes.» In der Praxis würden sich Arbeitgeber oft direkt an die Flüchtlingshilfe wenden. Durchaus Sinn ergebe, wenn sich die Interessierten direkt auf Stellenausschreibungen bewerben.
Viele Betreuungspflichtige und Kinder im Land
Insgesamt sei die Beschäftigung von Personen mit Status S derzeit aber noch kein allzu grosses Thema, wie die Wirtschaftskammer-Vertreterin ausführt. Man müsse sich bewusst sein, dass es sich bei den Flüchtlin gen aus der Ukraine insbesondere um Kinder sowie Frauen mit Betreuungspflichten und ältere Personen handelt – womit Isabell Schädler auf den Umstand anspielt, dass Männer zwischen 18 und 60 Jahren die Ukraine aufgrund des Krieges unter Strafandrohung gar nicht verlassen dürfen. Die grosse Thematik der Erwerbstätigkeit werde daher wohl erst zu einem späteren Zeitpunkt folgen.
Gemäss einem kürzlich erschienenen «Vaterland»-Bericht haben bislang acht geflüchtete Personen aus der Ukraine einen Job gefunden (Stand Ende April 2022). Der Grossteil der Schutzsuchenden kam demnach in der Gastronomiebranche unter.
Dunja Goop Wirtschaftregional, 06.05.2022