Druck auf Unternehmen – Schliessungen im Rahmen

Der Konkurs des traditionsreichen Gipser- und Malerbetriebes Gstöhl AG nach über 60 Jahren Betriebstätigkeit. Das bevorstehende Aus der in Mauren seit über einem Jahrhun-dert fest verankerten Bäckerei Ritter. Oder der vor wenigen Tagen bekannt gewordene Rückzug der Balzner Brauerei Prinzenbräu: In den vergangenen Tagen und Wochen haben sich die Meldungen über Schliessungen, Aufgaben und Pleiten heimischer Betriebe gehäuft.
Davon Notiz genommen hat auch Jürgen Nigg, Geschäftsführer der Wirtschaftskam- mer Liechtenstein. Auf «Vaterland»-Anfrage erklärt er: «Es ist immer tragisch, wenn Marktteilnehmer in Liechtenstein ihre Geschäftstätigkeit aufgeben oder aufgeben müssen. Hinter den Firmen steckt meistens eine lange Tradition und Unternehmer, welche mit Herzblut ihre Geschäfte aufgebaut haben.» Daher bedauere er jede einzelne Geschäftsaufgabe, aus welche Gründen auch immer diese erfolge, sehr.
Bestimmte Branchen unter starkem Druck
Den starken Druck, unter dem heimische Betriebe derzeit zu stehen scheinen, erklärt sich Nigg damit, dass «die Branchen der Gastronomie und deren Zulieferanten, des Tourismus und der Kommunikation, aber auch Event-Veranstalter» stark unter den Folgen der Pandemie leiden würden. «In diesen Branchen wurde die Geschäftstätigkeit praktisch staatlich untersagt. Es stan-den aber auch stattliche Unterstützungsmassnahmen bereit, welche den Unternehmen nach Corona ermöglichen sollten, wieder allmählich auf die Füsse zu kommen», so Nigg. Praktisch gar nicht betroffen seien indes Betriebe aus dem Bauhaupt- und Baunebengewerbe gewesen. Jedoch sei zu erwarten, dass Verteuerungen und Rohstoffknappheit dem Baugewerbe in den kommenden Monaten zu schaffen machen werden.

«Der Eindruck täuscht sicherlich»

Panik scheint, bedenkt man die Einschätzung des Wirtschaftskammer-Geschäftsführers, trotzdem nicht angebracht zu sein. So treffe nicht zu, dass es derzeit zu einer überdurchschnittlich hohen Anzahl an Betriebsaufgaben und Schliessungen komme: «Der Eindruck täuscht sicherlich», so Jürgen Nigg. Man habe es auch in den vergangenen Jahren mit jährlich zwischen 10 und 20 Geschäftsschliessungen bzw. Geschäftsaufgaben zu tun gehabt. Hierbei habe es sich «zum grössten Teil um freiwillige Geschäftsauf- gaben und weniger um Geschäftsaufgaben aufgrund eines akuten Schliessens durch Konkurs» gehandelt – oftmals seien diese infolge fehlender Nachfolgeregelungen erfolgt.

Allfällige Anpassungen sollten geprüft werden

Angesichts der Nachwirkungen von Corona gelte es für die Betriebe nun, die Zeichen der Zeit zu erkennen und «allfällige Anpassungen in den einzelnen Geschäftsbereichen zu prüfen». Gerade die Situation im Tourismus werde sich sicherlich wieder ändern. «Auf diese Änderungen müssen die betroffenen Zweige ein waches Auge haben und sich partiell neu ausrichten», so der Chef der Wirtschaftskammer. Eine grössere Nachwirkung bestehe indes auch in der Tilgung von Krediten, falls solche denn bezogen worden seien. In gewissen Branchen werde sich indes der Fachkräftemangel stärker bemerkbar machen.
Auf die Rolle der Wirtschaftskammer angesprochen, erklärt Jürgen Nigg: «Wir setzen uns mit aller Kraft für hervorragende Rahmenbedingungen ein und wollen somit einen gesunden Nährboden für das Unternehmertum in Liechtenstein bieten. Die Verhinderung von drohenden Kursen oder Schliessungen können aber auch wir als starke Interessenvertretung leider nicht gewährleisten.»

Liechtensteiner Vaterland, 8.7.2021 von Dunja Goop, Bild Tatjana Schnalzger