Arbeitsmarkt trotz Coronakrise robust

Im Vergleich zu den vergangenen 15 Jahren ist die Arbeitslosenquote von 1,7 Prozent im Jahr 2021 der zweittiefste Wert.

Von Dunja Goop, Wirtschaftregional, 14.01.2022

Gemäss eines kürzlich erschienen Berichts der Schweizer «SonntagsZeitung» haben im abgelaufenen Jahr viele grosse Arbeitgeber in der Schweiz neue Arbeitsplätze geschaffen, während trotz anhaltender Coronakrise eine Erholung auf dem Arbeitsmarkt sicht- und spürbar geworden sei. Inwieweit dies auch auf Liechtenstein zutrifft, wollte «Wirtschaft regional» von Jürgen Nigg, Geschäftsführer der Wirtschaftskammer Liechtenstein, und Markus Bürgler, Leiter des Arbeitsmarkt Service Liechtenstein (AMS), wissen.
Wichtige Wirtschaftszweige von Krise nicht betroffen
Die wirtschaftliche Erholung spiegle sich auf dem Arbeitsmarkt wider, so sagt auf Anfrage Markus Bürgler. Der AMS-Chef weiter: «Mehr noch als in der Ostschweiz zeigte sich der Liechtensteiner Arbeitsmarkt sehr robust und krisenresistent.» Dies habe vor allem mit der stark diversifizierten Wirtschaft zu tun, welche sich im internationalen Umfeld einmal mehr als sehr wettbewerbsfähig erwiesen habe. Zudem seien wichtige Teile der Liechtensteiner Wirtschaft von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie kaum betroffen gewesen – zum Beispiel der Finanzplatz. Allerdings sei trotz dieser positiven Nachrichten die Coronakrise nicht ganz spurlos am Liechtensteiner Arbeitsmarkt vorbeigezogen. Gerade am Anfang der Krise, also im Frühling 2020, sei die Arbeitslosigkeit – wenn auch moderat – kurzzeitig auf zwei Prozent angestiegen. «Ab Januar 2021 sank die Arbeitslosigkeit dann wieder auf Vorkrisenniveau und ver-harrt nun bei tiefen 1,5 Prozent. Demgegenüber war die Anzahl der offenen und beim AMS Liechtenstein gemeldeten Arbeitsstellen konstant auf hohem Niveau beziehungsweise stieg sogar kontinuierlich an», führt Bürgler aus. Und verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass der Aufschwung bereits Anfang 2021 zu spüren gewesen sei – zumindest, wenn man von der Anzahl der offenen Stellen sowie von der Arbeitslosenstatistik ausgeht. Demnach waren per Ende 2021 307 Personen beim AMS Liechtenstein als arbeitslos gemeldet. Über das ganze Jahr seien es durchschnittlich 334 Personen gewesen. «Im Vergleich zu den vergangenen 15 Jahren ist die Arbeitslosenquote von 1,7 Prozent im Jahr 2021 der zweittiefste Wert», leuchtet Markus Bürgler den zeitlichen Horizont aus.
Blickt der AMS-Liechtenstein-Leiter Bürgler auf das heurige Jahr, geht er davon aus, dass sich der Arbeitskräftemangel noch weiter verschärfen wird. «Ein Fachkräftemangel ist seit geraumer Zeit in allen Branchen vorhanden. Mittlerweile ist aber auch ein allgemeiner Arbeitskräftemangel ersichtlich. Die Wirtschafts- und Arbeitsmarktforschungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz prognostizieren für das Jahr 2022 weiterhin einen wirtschaftlichen Aufschwung, was den Arbeitskräftemangel noch weiter verschärfen dürfte.»                                                            «Vielen Branchen geht es trotz Corona gut»
Auch Wirtschaftskammer-Geschäftsführer Jürgen Nigg bestätigt auf Anfrage mit Verweis auf die Arbeitslosenstatistik den positiven Trend für Liechtenstein: «Die offenen Stellen übersteigen das Angebot an suchenden Personen.» Ebenfalls treffe es zu, dass es vielen Branchen – trotz Corona – sehr gut gehe, so Nigg. Erfreulich sei auch, dass sich das Gewerbe im vergangenen Jahr einmal mehr als das Rückgrat der Liechtensteinischen Wirtschaft erwiesen habe. «Mit viel Innovationskraft und Anpassungsfähigkeit haben auch jene Unternehmen der Krise getrotzt, welche mit harten Pandemie-Massnahmen konfrontiert wurden. Somit kann auch von einem leichten Aufschwung am Werkplatz Liechtenstein gesprochen werden.»
Indes erklärt Jürgen Nigg zum Thema Fachkräftemangel: «Früher und heute stehen wir vor der Problematik von fehlenden Fachkräften. Um dem entgegenzuwirken, müssen sich die Unternehmer auch um die bestehende Belegschaft kümmern.» Um die Herausforderungen zu meistern, sei es nötig, die Schrauben an den richtigen Stellen zu drehen: «Wir sehen dies in unserem Ansatz anhand einer gezielten Weiterbildungsmatrix, welche spezifisch auf die Branchen umgesetzt werden soll. Seitens der Wirtschaftskammer unterstützen wir die Unternehmen bei deren Umsetzung.»
Lieferengpässe «problematisch»
Derzeit fehle aufgrund der Quarantänefristen Personal, so Nigg weiter. Aber auch die Problematik bei den Lieferketten verleitet den Wirtschaftskammer-Geschäftsführer nicht gerade zu Freudensprüngen: «Die Lieferengpässe beim Rohmaterial und die daraus resultierenden Preisentwicklungen sind problematisch. Diese Faktoren beeinflusen die Planungssicherheit der Unternehmen extrem», so Nigg.
Nach seiner Einschätzung für das neue Jahr gefragt, antwortet Nigg: «Trotz Coronapandemie ist klar, dass der Bedarf an Fachkräften weiter hoch bleiben wird. Bereits heute suchen Betriebe verstärkt nach Fachkräften. Diese Tendenz wird sich spätestens nach Corona verfestigen.» Denn dann würden alle Branchen wieder in den Wettbewerb um Fachkräfte und junge Menschen eintreten. Die Versorgung mit Fachkräften zu sichern, bleibe daher eine zentrale Zukunftsaufgabe für das Land und das Handwerk. Nigg ist sich aber auch bewusst, dass Liechtenstein hierfür noch attraktiver werden muss und zwar «für neue Beschäftigte, für Jugendliche und natürlich ihre jetzigen Mitarbeiter». Denn es gehe nicht nur darum, neue Fachkräfte zu finden, sondern auch zu begeistern. «Dazu braucht es heute mehr aktives Handeln als in der Vergangenheit. Auch, weil sich die Ansprüche an die Arbeitgeber geändert haben und die demografische Entwicklung weiter voranschreitet. Stichworte: Freizeit, Mobilität, flexible Arbeitszeitmodelle, Sport- und Kulturangebote, Bildungswesen, Shopping, Arbeitsplatzgestaltung etc.», so Jürgen Nigg abschliessend.