Liechtenstein braucht uns alle

Mit «Zemma» haben Liechtenstein Marketing und die Wirtschaftskammer ein Projekt gestartet, um lokale Unternehmen zu unterstützen.

Andreas Laternser (Vaterland 04.04.2020)

Frau Kranz und Frau Schädler, wie ist es zum Projekt «Zemma» gekommen?

Isabell Schädler: Das Wirtschaftsministerium hat unter der Führung von Daniel Risch zu einem runden Tisch eingeladen, an welchem es insbesondere um das erste Massnahmenpaket in Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus ging. Dabei wurden wir aber auch informiert, dass neben den Restaurants und Bars nun auch die meisten Detailhandelsgeschäfte geschlossen werden. Nach der Sitzung wurde dann spontan die Idee zwischen Liechtenstein Marketing und der Wirtschaftskammer geboren, dass wir diesen Branchen gemeinsam eine gewisse Unterstützung anbieten wollen und müssen.

Michelle Kranz: Bereits eine Woche später sind wir mit dem Portal «liechtenstein.li/zemma» online gegangen. Es war uns wichtig, dass wir schnell und unkompliziert unseren Beitrag zur Abfederung der aktuellen herausfordernden Lage leisten.

Was ist «Zemma» genau und was bietet das Portal seinen Kunden und den Nutzern?

Michelle Kranz: Wie es der Begriff schon sagt, bringt es die Leute zusammen – und dies zu einer Zeit, in der Social Distancing zur neuen Normalität geworden ist. Nachdem viele Betriebe ihre Verkaufslokale schliessen und in kürzester Zeit auf alternative Vertriebskanäle umstellen mussten, haben die Kunden den Überblick verloren, welche Geschäfte was anbieten. Wir konnten bis heute gut 150 Betriebe und ihre Dienstleistungen erfassen. Und das Angebot scheint auf Anklang zu stossen. Obwohl die Bewerbung der Plattform erst seit gestern läuft, hat die Seite bereits über 10 000 Zugriffe. 

Isabell Schädler: Gerade für den Handel und die Gastronomie ist diese Plattform nun von grosser Bedeutung. Das Ostergeschäft steht vor der Türe, eine Zeit, in der in den Geschäften normalerweise ein wichtiger Teil des Jahresumsatzes generiert wird. Ebenfalls wartet die diesjährige Frühlings und Sommerkollektion darauf, an den Mann bzw. an die Frau zu kommen. Die Plattform kann den Ausfall der Geschäfte sicherlich nicht kompensieren, aber zumindest abfedern.

Welchen Part übernimmt Liechtenstein Marketing und welche Kompetenzen kommen dabei der Wirtschaftskammer Liechtenstein zu?

Michelle Kranz: In unserer täglichen Arbeit stehen die Kunden stets im Zentrum. So versuchen wir auch mit diesem Projekt, den aktuellen Bedürfnissen der liechtensteinischen Bevölkerung nachzukommen. Wenn immer möglich, nutzen wir Synergien. Der Schulterschluss mit der Wirtschaftskammer lag für uns somit auf der Hand. Selbstverständlich werden wir auch dafür sorgen, dass die Aktion «Zemma» bekannt wird. Gestern ist unsere Kampagne angelaufen.

Isabell Schädler: Als Wirtschaftskammer ist es uns wichtig, das lokale Gewerbe zu fördern und zu unterstützen. Wir haben den direkten Zugang zu den Betrieben und können schnell und einfach kommunizieren. Diesen Part übernehmen wir gerne und machen so fleissig Werbung für die Plattform.

Wo kann sich ein Betrieb melden, um beim Projekt teilzunehmen?

Michelle Kranz: Wir wollen es den Betrieben so einfach wie möglich machen. Eine E-Mail an mit den wichtigsten Informationen genügt und wir erledigen den Rest. Die Plattform ist kostenlos und für alle Betriebe offen, die Heimlieferungen oder alternative Zustellungsservices anbieten. Einzige Voraussetzung ist, dass es sich um ein in Liechtenstein ansässiges Unternehmen handelt.

Isabell Schädler: Die Betriebe schätzen die unkomplizierte Zusammenarbeit mit Liechtenstein Marketing sehr. Es müssen keine eigenen, mitunter auch teuren Lösungen gefunden werden. Wie schon gesagt, es sind die unterschiedlichsten Geschäfte auf der Plattform, welche bis heute zum Teil noch keine eigene Webseite besitzen. Es ist schön zu sehen, dass auch diese nun den Weg auf eine solche Plattform finden.

Welche Chance bestehen für Unternehmen in der jetzigen Situation und wie verändert sich durch Corona die Wahrnehmung der einheimischen Unternehmen?

Isabell Schädler: Man spürt jetzt schon, dass viele Geschäfte in den vergangenen zwei Wochen komplett ihre Geschäftsmodelle umgestellt haben. Kreative Lösungen wurden gesucht und gefunden. Wo früher nur ein Einkauf vor Ort möglich war, bestehen heute Alternativen. Ich denke, jetzt haben unsere Geschäfte die Möglichkeit, mit ihren Dienstleistungen bei den Kunden zu punkten und so Kundschaft zu gewinnen, die früher nicht ins Geschäft gekommen wäre.

Michelle Kranz: Bewusstsein für mehr Regionalität ist ein Trend, der sich schon länger abzeichnet. Und dies akzentuiert sich in der jetzigen Situation. Heute ist lokal Einkaufen wichtiger denn je. Gemeinsam muss es uns gelingen, diese Haltung auch längerfristig zu verankern.

Seit dieser Woche besteht auch eine Kooperation mit dem Vaduzer Medienhaus. Können Sie sich vorstellen, auch noch mit anderen Unternehmen oder Plattformen zusammen zu arbeiten?

Isabell Schädler: Man spürt eine richtige Solidaritätswelle, die durchs Land geht. Viele Ideen steuern auf das gleiche Ziel hin. Wir sind selbstverständlich offen, andere Ideen aufzunehmen und gemeinsam am gleichen Strang zu ziehen. Für die Betriebe ist es ideal, wenn es eine zentrale, gemeinsame Anlaufstelle gibt. Und da sind wir bei Liechtenstein Marketing genau bei der richtigen Stelle.

Michelle Kranz: Und natürlich sind wir auch für weitere Kooperationen offen. Denn: Liechtenstein braucht uns alle und wir alle brauchen Liechtenstein.

Welche weiteren Ideen gibt es, um «Zemma» noch weiter auszubauen?

Michelle Kranz: Wir haben geplant, rechtzeitig auf das Ostergeschäft eine Gutschein-Aktion zu starten. Nun ist es ja leider so, dass nicht alle Geschäfte ihre Dienstleistungen in Form von Hauslieferungen anbieten können, als Beispiel sei der Friseursalon oder der Tourismus erwähnt. Die Weiterentwicklung von «liechtenstein.li/zemma» wird es uns erlauben, dass die Gutscheine dank dieser Plattform von den Geschäften selber ausgestellt werden können und das Geld somit direkt an die Betriebe geht. Ich zähle hier stark auch auf die Solidarität der liechtensteinischen Bevölkerung, das lokale Gewerbe und den Liechtensteiner Tourismus zu unterstützen.

Isabell Schädler: Wichtig ist, dass die Solidarität, die das lokale Gewerbe jetzt in hohem Masse spürt, auch nach der Corona-Krise weitergelebt wird. Wir hoffen sehr und appellieren hier an alle, dass auch später die hiesigen Betriebe weiter berücksichtigt werden. Wir müssen darauf hinarbeiten, dass der Einkaufstourismus nicht wieder im gleichen Umfang wie früher weitergelebt wird, sondern sich Herr und Frau Liechtensteiner wieder mehr auf die eigenen Geschäfte im eigenen Land konzentrieren.