WKL gegen Casino-Verbot: «Hierlebt das freie Unternehmertum»

Interview von Hannes Matt: Am 29. Januar stimmt Liechtenstein darüber ab, ob ein Casino-Verbot in der Verfassung verankert werden soll. Die Wirtschaftskammer (WKL) lehnt die Verbotsinitiative in aller Deutlichkeit ab, wie Geschäftsführer Jürgen Nigg bekräftigt.

«Volksblatt»: Herr Nigg, was sind die Gründe, warum die Wirtschaftskammer, bei der auch der Casino Verband angeschlossen ist, für ein «Nein» bei der anstehenden Volksabstimmung plädiert?
Jürgen Nigg: Ein solches Verbot hat in unserer Verfassung nichts zu suchen und widerspricht dem Verständnis von Handels- und Gewerbefreiheit, denn Liechtenstein ist wirtschaftsfreundlich. Hier lebt das
freie Unternehmertum. Der Staat bietet spannende Möglichkeiten für Unternehmer und die Regierung
optimiert die Rahmenbedingungen laufend. So bewirbt auch Liechtenstein Marketing den Standort Liechtenstein im Ausland wie folgt: «Liberale Wirtschaftspolitik und liberales Gesellschaftsrecht» und «Stabile Sozial-, Rechts- und Wirtschaftsordnung sowie ein hohes Mass an politischer Kontinuität». Bei einer Annahme der Initiative würden diese zwei Slogans von Liechtenstein zur Makulatur!

Von den Casino-Gegnern wird gerneerwähnt, dass die Spielbanken derReputation Liechtensteins schaden,
die Beziehungen zu den Nachbarstaaten belasten und das Fürstentum immer wieder in negative
Schlagzeilen bringen würden. Wiesehen Sie das?

Ich denke, dass das so nicht stimmt.Nur wenige Staaten können heute von sich sagen, dass sie schuldenfrei sind. Liechtenstein ist einer davon. Die Beständigkeit von Sozial- und Wirtschaftsordnung und die Rechtssicherheit sorgen für Stabilität. Auch die Tätigkeit der liechtensteinischen Unternehmen in den verschiedensten Branchen trägt zur Beständigkeit bei. Unabhängige Analysten sind von der Stabilität Liechtensteins beeindruckt. Bereits seit 1996 hält Liechtenstein ein AAA-Rating von Standard & Poor’s,
welches jährlich erneuert wird. Also keine Rede von einem Reputationsschaden durch die Casinos. Daher wiederhole ich das Statement des Präsidiums der Wirtschaftskammer: «Was soll als nächstes verboten
werden? Börsen- und Spekulationsgeschäfte, welche auch risikobehaftet sind? Der Einsatz von Kryptowährungen und die dahinterliegenden Geschäftsmodelle unserer Finanzdienstleister, weil sie der Reputation unseres Landes schaden könnten? Oder sollen künftig gar Wetten und Lose verboten werden,
sodass unsere Bevölkerung über die Grenze in die Schweiz fahren muss, um den Lottoschein abzugeben?»

Ein weiterer Aspekt, den die CasinoGegner gerne aufs Parkett bringen, ist die Spielsucht und den daraus resultierenden «Export von Sozialfällen», den die Casinos verursachen würden.
Ich plädiere hier für Prävention statt Einführung einer Verbotskultur: Wir sind eine eigenverantwortliche
Gesellschaft und brauchen keine staatlichen Verbote. Ausserdem funktioniert die staatliche Aufsicht im Casino-Bereich bestens. Bereits heute gelten für liechtensteinische Casinos strengere Rahmenbedingungen im Vergleich zu den Schweizer Casinos. Es ist besser, ein bestimmtes Spielangebot in einem legalen, geschützten und staatlich kontrollierten Rahmen zuzulassen, anstatt alles dem
unkontrollierten, illegalen Schwarzmarkt zu überlassen. Die Regierung unterstreicht dies auch im aktuellen
Vernehmlassungsbericht zur Abänderung des Geldspielgesetzes mit Blick auf den Sperrlistenaustausch.

Finden Sie auch, dass Spielersperren ein zentrales Mittel der Prävention sind?
Ja. Das Ziel des Abkommens ist es, zu verhindern, dass in Liechtenstein oder in der Schweiz
gesperrte Personen in einer Spielbank des jeweils anderen Landes weiterspielen können. Dafür
werden die Veranstalterinnen und Veranstalter von Geldspielen künftig die Listen der
gesperrten Personen austauschen.

Ein Casino-Vertreter sagte kürzlich gegenüber dem «Volksblatt», dass bei Annahme der Casino-Initiative
auch Arbeitsplätze bei den Zulieferern auf dem Spiel stehen. Beurteilen Sie es auch so: Wie wichtig sind
die Casinos für die Wertschöpfung im Land?

Die Casinobranche in Liechtenstein ist mittlerweile ein fester Bestandteil der heimischen Wirtschaft und trägt dazu bei, die Branchenvielfalt weiter zu vergrössern. In den Casinos arbeiten mittlerweile mehr als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, viele davon sind auch Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner. Aus Sicht dieser Arbeitnehmenden steht mit der Abstimmung sehr viel auf dem Spiel, sprich deren Arbeitsplatz. Hinsichtlich der einheimischen Wertschöpfung wurde in der Vergangenheit aber auch in der Zukunft seitens der Casinos sehr viel investiert. Auch die Bildungslandschaft in Liechtenstein profitiert von der Casino-Branche. Das Bildungsinstitut kurse.li organisierte z.B. im Auftrag des Casino-Verbandes im Jahr 2022 insgesamt 20 Grundkurse sowie Refresher zum Thema Sozialkompetenz, diese wurden von fast 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der jeweiligen Casinos besucht. Es profitieren also viele Unternehmen in Liechtenstein. Casinos schaffen somit einen Mehrwert für die Liechtensteinische Wirtschaft.

Volksblatt, 09.01.2023